Das Schirmgestell

Ein bisschen schwieriger gestaltete sich die Sache mit unserem Schirm-Gestell. Ursprünglich wollten wir ein Gestell aus Holz. In meiner Vorstellung konnte das nicht so schwierig sein, da wir ja in einem Land, das zu 2 Drittel mit Wald bedeckt ist, leben. Zu meinem Erstaunen hat mir dann Doppler erklärt, dass Holzgestelle grundsätzlich mehrheitlich aus China kommen. Das entsprach logisch überhaupt nicht unseren Wertvorstellungen. Auch ein befreundeter Holzexperte erklärte mir, dass sich Bäume aus Österreich nur sehr schlecht für Sonnenschirme eignen, da sie klimabedingt sehr ausgeprägte Jahresringe haben. Das führt bei einem Sonnenschirmgestell dazu, dass sich der Schirm verzieht oder das Holz reißt oder harzt … also alles was man bei einem Sonnenschirm genau gar nicht brauchen kann.

Wir schossen uns dann auf Alu Wood ein. Ein Gestell aus Aluminium in Holzoptik, mit dem Vorteil, dass es viel langlebiger ist als Holz. Das Problem war nur, dass Doppler zwar diese Gestelle herstellt uns aber nicht anbieten konnte, da sie keine 100 Schirme dieser Art auf die Schnelle zur freien Verfügung hatten.

Die ersten Schritte

Ende Jänner, völlig desillusioniert von unserem bisherigen Business in der Bekleidungsbranche, fasste ich all meinen Mut zusammen und rief bei Doppler Schirme an. Das Gespräch mit der Produktionsleiterin verlief erfreulicherweise sehr positiv. Es sei möglich, individuelle Schirme anfertigen zu lassen. Beflügelt von meinem Erfolg, kontaktierte ich danach voller Selbstvertrauen Seidra, eine Stoffmanufaktur in Kärnten. Der Produktionsleiter war zuerst mehr als skeptisch und wies mich darauf hin, dass sein Unternehmen mehrheitlich Stoffe für Bekleidung, aber keinesfalls für Sonnenschirme, herstellt. Ein Bezug für Sonnenschirme bräuchte eine ganz andere Ausrüstung (auch ein Wort, das ich bis dato noch nie in diesem Zusammenhang gehört hatte), sprich Beschichtung, Schimmel- und UV Schutz, usw…

Irgendwie musste ich aber dennoch in unserem 2-minütigen Telefonat überzeugend gewesen sein, da er in ein Treffen einwilligte. Dies fand am nächsten Tag im Seidra Werk statt. Ich bin ursprünglich selbst aus Kärnten, habe aber bevor ich mich mit dem Thema Stoffproduktion beschäftigt habe, noch nie von diesem doch sehr großen und international agierenden Produzenten gehört. Immer wieder erstaunlich, dass das Gute oft so nahe liegt. Top vorbereitet schafften wir es, dass Klaus, der Produktionsleiter, nach 10 Minuten Feuer und Flamme für unser Projekt war. Unser Motto „Tradition meets Design“ und „Made in Austria“ entsprach genau seinen Wertvorstellungen.

In den nächsten Wochen entwickelten wir mit unglaublicher Unterstützung von Seidra qualitativ sehr hochwertige, wunderschöne Stoffe, die allen Anforderungen für einen Sonnenschirm gerecht wurden. Klaus brachte sich mit seinem ganzen Know-how ein und war mittlerweile ein großer Fan von unserem „Am Punkt“ Projekt.

Made in Austria

Aufgrund der Tatsache, dass wir in Summe 3 Kinder haben, stellen wir den Anspruch die Welt zumindest in unserem kleinen Rahmen ein bisschen besser zu machen. Es kann nicht sein, dass wir heutzutage permanent Produkte quer über den Erdball schicken. Österreich ist ein großartiges Land mit großartigen Manufakturen und Produktionsstätten. Man muss sich nur die Mühe machen, mit ihnen ins Gespräch zu kommen, um sie mit einem guten und durchdachten Konzept mit auf einen gemeinsamen Weg zu nehmen.

Uns ist das dann im Jänner 2021 erstaunlich schnell gelungen. O-Ton Martin: „Wir müssen jetzt endlich von der Planungs-  in die Produktionsphase übergehen! Uns läuft sonst die Zeit davon, weil im November kein Mensch mehr Sonnenschirme braucht, egal ob gemustert, einfärbig oder schieß mich tot!“

Neuland

In den nächsten Wochen und Monaten beschäftigten wir uns mit der Recherche und Herstellung von Sonnenschirmen, was zu diesem Zeitpunkt völliges Neuland für uns war.

Wir kommen beide aus der Modebranche. Martin war nach Stationen bei Replay von 2002 bis 2008 Salesmanager bei Diesel Österreich. Ich habe in München Werbung und Marketing studiert und bekam im Jahr 2003 die Chance als völlige Quereinsteigerin den Einkauf für die Diesel Stores in Österreich zu übernehmen. Dort haben sich unsere Wege gekreuzt und wir wurden auch privat ein Paar. 2008 kam dann unser Sohn zur Welt und 2011 gründeten wir unsere gemeinsame Handelsagentur für Mode mit Schwerpunkt Denim. Wir hatten bei unserer Markenauswahl für die Agentur immer den Anspruch, qualitativ hochwertige, authentische Produkte zu vertreiben.

Auch für unsere Sonnenschirme war schnell klar, dass es sich um ein Produkt handeln wird, das in Österreich mit ausschließlich hochwertigen Produzenten oder Manufakturen hergestellt werden muss.

April 2020 auf einer Terrasse in Wien

Gedankenverloren meinen einfärbig beigen Schirm betrachtend, stellte ich mir laut die Frage:

„Warum gibt es eigentlich keine bunten, gemusterten Sonnenschirme?“

Martin, mein Partner sowohl im Leben als auch im Job, der sich links von mir auf unserer Liegewiese platziert hatte, schaute irritiert von seinem iPad auf. Durch unsere langjährige Beziehung ist er an Fragen meinerseits, die für ihn regelmäßig aus dem Nichts zu kommen scheinen, gewöhnt, aber dennoch jedes Mal aufs Neue gefordert bis hin überfordert. Wissend, dass ich auf eine Antwort wartete, richtete er jetzt notgedrungen sein Augenmerk auf unseren Terrassenschirm und antwortete nach kurzem, intensiven Überlegen: „Stimmt.“

Typisch Mann: kurz, rationell und …. am Punkt.

In der Hoffnung, mich mit seiner Aussage zufriedengestellt zu haben, wandte er sich wieder seinem iPad zu.

Das war der Moment, in dem dieser Gedanke zur fixen Idee wurde.